12/09/2008 - Lehrerausbildung (n° 712)
Jahrzehntelang wurde in Luxemburg darüber philosophiert, ob man eine Universität bräuchte. Ebenso lange wurde das kleine, aber reiche Großherzogtum ausgelacht, weil es seine Studenten ins Ausland hetzen musste, da die hiesigen Regierungen eine Universität einfach nicht gebacken bekamen.
„Was? Das reichste Land der Welt kann sich nicht einmal eine Universität leisten?“ höhnten Kommilitonen unserer ins Ausland emigrierten Studierenden in Großbritannien, Deutschland, Frankreich oder Belgien.
Natürlich war es für die Studenten nur vorteilhaft, einmal frische Luft zu schnappen und das kleinbürgerliche Marienland gegen die große weite Welt einzutauschen, doch der Spott der Studienkollegen tat dennoch weh. Erst kurz vor den letzten Parlamentswahlen wurde nach vielem Hin und Her die Universität Luxemburg von der damaligen schwarz-blauen Kollision aus dem Boden gestampft, um sich im Wahlkampf nicht wieder anhören zu müssen, man hätte das Thema Bildung verschlafen.
Prompt pinselten die damaligen Bildungsfurien Nchen Brasserie und die Erna Händikäpp-Schëppschnëss auf jede Scheune und jeden Kuhstall, in dem sich ein Student verschanzt hatte, die Worte „Université de Luxembourg“. Aus „ISERP“, „Centre de Cours“ und Co wurde über Nacht eine Universität.
Uni-Statut führte zu Gehaltsforderungen
Und somit durften sich die Eiserne Erna und Nchen Brasserie feiern lassen, Luxemburg endlich mit einer Universität ausgestattet zu haben, und das bloß mit einem großen Pappschild, einem Pinsel und einem Eimer abgestandener Farbe. Was besonders Budgetminister und Finanzgenie Luc Bieder zu erfreutem Quieken veranlasste, denn billiger und geschickter hätte auch er keine Universität basteln können.
Was die Bildungsemanzen damals aber nicht ahnten, war dass die Hochschüler des „ISERP“ sich von nun an wirklich einbilden würden, ihre Grundschullehrerausbildung hätte etwas mit einem wissenschaftlichen, universitären Studium zu tun. Doch leider verfielen sie dem Realitätsverlust und pochen jetzt darauf, Akademiker zu sein. Immerhin schimpft sich der „ISERP“ ja jetzt Universität. Prompt fordern die Grundschulgurus eine saftige Gehaltsaufstockung und drohen sogar mit Streik. Ein Sprecher der protestierenden Lehrer: „In meinem Studium habe auch ich rechnen gelernt, und jetzt weiß ich, dass mehr Gehalt auch mehr Geld bedeutet. Und da der Name unserer Schule nun gehaltvoller ist, sollte auch mein Portemonnaie dem in nichts nachstehen.“ Die Argumente der Lehrerschaft sind wasserdicht, denn „die Kinder werden immer frecher und gewalttätiger. Die Inflation treibt die Preise von Baldrian und kugelsicheren Westen nach oben.“ Und schließlich „können wir Schulmeister nur in der Hauptsaison in Urlaub fahren, und das ist verdammt teuer.“
Regierung ratlos
Unglücklicherweise war Bildungsmisere Mady Streesalz angesichts der Forderungen der Kinderdompteure maßlos überfordert, und Großdiktator Bokassa I. musste die Angelegenheit zur Chefsache erklären. Schließlich weiß der große schwarze Mann der CSFaul nur zu gut, wie beschissen das hiesige Bildungssystem ist, flüchtete er doch einst als Jüngling vor diesem in die von Herz-Jesu-Priestern geführte belgische Klosterschule Clairefontaine.
Budget- und Sparschweinminister Luc Bieder und Einbildungsministerin Mady Streesalz finden die Forderungen des Leerkörpers gar nicht lustig. Ohnehin bescheißt die Regierung schon seit Jahren die Chargés de Cours, um Papa Staat ein paar Millionen einzusparen, die man für wichtigere Zwecke wie die Subventionierung großherzoglicher Wälder und Erlebnisreisen benötigt.
Dabei ist die Lösung doch denkbar einfach: Frau Streesalz feuert die undankbaren Grundschullehrer und ersetzt sie durch die Billigarbeiter aus den Reihen der „Chargés de Cours“, genauso wie das Bildungsministerium es seit Jahren schon in den Lyzeen des Landes praktiziert. Schon kehrt wieder Ruhe in die Schulen, und der Staat spart erneut ein paar Euronen auf Kosten der Lehrer und Schüler.