19/09/2008 - Luxemburger gewinnt zum dritten Mal Mister Euro (n° 713)
Die Luxemburger Sportswelt kommt nicht mehr aus dem Jubeln heraus. Nach dem Triumph der Schleck und Kirchen bei der Tour de France, von Gilles Müller bei der US-Open und der Nationalelf gegen die Schweiz, radelte ein Luxemburger am letzten Freitag in Nice als erster durchs Ziel der Eurogruppe.
Dabei ist der Luxemburger Athlet kein Unbekannter. Alle mit Foltermischis Löwenfahne wedelnde Schlachtenbummler erkennen ihn sofort an seinem Übergewicht wieder, seinen Hosenträgern und den Sponsoren auf seinem Hemd, Heintz van Landewyck und Fernet Branca. Denn es ist schon zum dritten Mal, dass er die Tour d’Euro gewinnt. Damit er überhaupt zum dritten Mal antreten konnte, mussten die Spielregeln für ihn umgeschrieben werden. Sein Sieg wurde vielleicht auch dadurch erleichtert, dass keine Konkurrenten angetreten waren.
Doch diese kleinen technischen Schwierigkeiten sollen nicht die sportliche Leistung des neuen und alten Mr. Euro schmälern. Denn eine solche Leistung fällt einem nicht in den Schoß. Sie ist vielmehr das Ergebnis jahrelanger Anstrengung.
Stolzes Ergebnis
Um sich den begehrten Titel zu erkämpfen, hatte der Profi zuerst die Aufweichung des Stabilitätspakts organisiert, der Heiligen Zehn Gebote der Einheitswährung. Wieviel Sachverstand dies von der gesamten Eurogruppe und der Deutschen Reichsbank in Frankfurt verlangte, zeigt das Ergebnis: Heute steckt die Eurogruppe in der Rezession, sie hat die höchste Inflation seit Bestehen des Euro, und das alles bei von Anfang an über sieben Prozent Arbeitslosigkeit. Ein Glück, dass die europäische Wirtschaft und Währung fest in der Hand erfahrener Fachleute ist!
Redlich verdient hat sich unser Spitzensportler seinen Titel und vor allem die Unterstützung der großen europäischen Staaten auch dadurch, dass er kleine Staaten, wie Griechenland oder Portugal, unflätig beschimpfte, wenn sie die Kriterien des Stabilitätspakts nicht erfüllen konnten. Und gutgelaunt erklärte, dass es nicht weiter schlimm sei, wenn große Staaten, wie Frankreich oder Deutschland, zu viel Defizit und Schulden machten und die Kriterien verfehlten. Die Unterstützung von Paris und Berlin war ihm daraufhin sicher.
Ein bisschen schwanger
Noch in der Zielgeraden gelang unserem Landsmann dann eine weitere sportliche Höchstleistung. Er erklärte in jedes Mikrofon und in jede Kamera, die ihm hingehalten wurden, dass die Eurozone nicht in der Rezession stecke, und wurde dabei nicht einmal rot im Gesicht. Wurde er daran erinnert, dass in den wichtigsten Euroländern die Wirtschaft seit zwei Trimestern nicht mehr wächst, was der Definition einer Rezession entspricht, nannte er das eine „technische Rezession“, was so viel heißt wie „ein bisschen schwanger“.
Doch das alles macht noch keinen Sportler der Extraklasse aus. Diese Bezeichnung steht ihm mit Fug und Recht zu, seit er vor zwei Jahren zu Hause als Finanzminister die automatische Indexanpassung abgeschafft hat. Dieser Kraftakt macht ihm so schnell keiner nach, und das Ergebnis ist auch dementsprechend: seither hat Luxemburg die höchste Inflationsrate seit Anfang des Jahrzehnts. Und kaum hatte der Athlet den Index abgeschafft, erklärte er mit großem Ernst bis heute, dass der Index weder von Nachteil für die Inflation, noch für die Wettbewerbsfähigkeit sei und deshalb gar nicht abgeschafft werden müsse.
Nach dem Sieg des Ausnahmesportlers spielten sich rührende Szenen ab, als Yves Herrscher, der Direktor der Luxemburger Zweigstelle der Deutschen Reichsbank ihm als erster gratulierte und das schönste Geschenk bereitete: Er verlangte allen Ernstes die Abschaffung des Index. So dass Mister Euro III. ihm lautstark Unrecht geben und sich zum Verteidiger des Index aufspielen kann. Damit dürfte er im Juni nächsten Jahres auch die Landesmeisterschaften gewonnen haben.