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03/10/2008 - Bokassa und die Schulmeister (n° 715)

„Nicht jeder ist ein Banker“

 

Gepriesen sei der Herr, der Streik der Grundschullehrer ist abgewendet. Die Schulmeister haben mehrheitlich das Angebot des Staates angenommen und die Eltern müssen nicht mehr befürchten, dass ihre Gören extra Ferien ergattern, um sie zu Hause zu tyrannisieren.

 

Damit ist der Streit zwischen Primärschullehrern und Regierung beigelegt, und nur die beiden uneinigen Gewerkschaften können sich noch weiter darüber zanken, welche von beiden nun den größten Mist gebaut habe.

Nachdem den Schulmeistern tatsächlich eine saftige Gehaltserhöhung von durchschnittlich 600 Euro zuteil geworden ist, rumort es im Großherzogtum. Ist es denn wirklich so leicht? Man droht mit einem Streik, und schon erhält man eine gewaltige Lohnaufbesserung. Doch während die Grundschullehrer künftig mehr Gehalt bekommen, wurde den Educateurs gradués einige Monate zuvor erklärt, dass sie nicht mit einer Erhöhung in naher Zukunft rechnen dürften. Selber Schuld, denn statt der Regierung mächtig Dampf zu machen, fragten sie wohlerzogen und höflich nach mehr Gehalt.

Großdiktator Jean-Claude Bokassa I., selbst ein Meister der Erpressung, wie er bei der Volksabstimmung zur EU-Verfassung einst eindrucksvoll beweisen konnte, begrüßt die Einigung im Tarifstreit mit den Primärschullehrern und erteilt Forderungen aus anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes gleichzeitig eine Abfuhr. Damit dürfen die braven Educateurs, bei denen nach der Gehaltsaufstockung bei den Primärschullehrern wieder Hoffnung aufflackerte, aber auch die Krankenpfleger, Chargés de Cours oder Gymnasiallehrer sich eine Erhöhung der Einkünfte aus dem Kopf schlagen. Vorerst wurden die meisten von ihnen auf die Gehälterrevision beim Staat vertröstet, die aber angesichts der Finanz- und kommenden Budgetkrise sowieso im Eimer ist.

 

Viel für die Banker, nichts für die Chargés de cours

 

Nicht jeder soll denken, „er könne mehr Geld verlangen, obwohl wir in Europa schon am meisten bekommen“, machte Bokassa deutlich. Er erläuterte aber nicht, warum dann ausgerechnet die eigentlich nicht schlecht bezahlten Lehrer mehr bekommen, die Educateurs, die Krankenpfleger und die unterbezahlten Chargés jedoch keinen Cent mehr sehen sollen. Vielleicht aber will der große Europäer auch nur, dass die Vertreter dieser Branchen auch lernen, dass man in Luxemburg nur mit Drohungen und Erpressungen ans Ziel kommt, und nicht mit manierlichen Anfragen.

Am blödesten stehen wieder die Chargés de cours da, denn sie können nicht einmal mit Streik drohen. Erstens interessiert sich offensichtlich kaum eine Gewerkschaft für die armen Tröpfe, und zweitens können sie es sich nicht leisten zu demonstrieren, weil sie dann befürchten müssten, auf schwarzen Listen des Einbildungsministeriums zu landen und sie damit endgültig jegliche Chance verlieren würden, den berühmtberüchtigten Concours jemals zu bestehen und ein angemessenes Gehalt für ihre Studien zu erhalten. Ein Risiko, das die Studierenden des ISERP nicht befürchten mussten, denn für die Primärschule gibt es keinen Concours, sondern alle Absolventen werden übernommen.

Bokassa wies aber jegliche Kritik an dem Gehaltsabschluss zurück. Immerhin müssen die  Primärschulmeister auch mehr arbeiten, um sich die durchschnittlich 600 Euro mehr im Monat zu verdienen. Der Kompromiss kostet den Staat 20 Millionen Euro im Jahr und damit rund halb so viel, wie die ursprünglichen Forderungen der Lehrerschaft. Ein Klacks im Vergleich zu dem, was den Bankern in den Rachen geschoben wird. Denn während Bokassa bei Fortis und Dexia denkbar großzügig war, handelte er bei den Lehrern den Preis herunter wie ein orientalischer Teppichhändler.

Vor der anvisierten Gehälterreform werde es im öffentlichen Dienst nun aber keine neuen Forderungen mehr geben. „Ich mache keinen weiteren Schritt mehr. Jetzt ist Schluss“, erklärte der Gewaltherrscher.

Er hätte auch sagen können: „Gestern standen wir vor dem Abgrund. Heute sind wir schon einen Schritt weiter.“

KROP DER EN ABO, SOSS KROOPT DÉCH DEN ABBÉ

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